Auf ein Wort
Nein, in Gästebücher schreibe ich sehr ungern. Das gebe ich offen zu. Da steckt so eine Erwartung dahinter, die mir Angst macht. Und ich habe den Anspruch an mich, dass das jetzt ganz originell werden muss. Und schön. Und überhaupt.
Deshalb bin ich froh, wenn mir kein Gästebuch empfohlen wird, in das ich mich doch bitte, bitte einschreiben soll. Aber das Problem liegt ja oft nicht an den Erwartungen der anderen, sondern an den eigenen an sich selbst.
Das Gästebuch in unserer Kirche lehrt mich etwas ganz Schönes. Da steht einfach drin, was den Menschen von Herzen kommt, die sich in St. Veit aufhalten. Es wird zu Papier gebracht, was sie fühlen, empfinden, hier und jetzt sagen wollen.
Da gibt es tiefe Einblicke in manche Gefühlswelt, da ist von Glücksgefühlen und von tiefer Trauer zu lesen. Da gibt es mehr Emotionen, als im alltäglichen Miteinander.
Es ist nicht nur ein Gästebuch, sondern noch mehr ein Gebetsbuch. Da werden die Empfindungen und Gefühle in Worte gefasst und an Gott gerichtet. Das sind tiefgehende Gebete, welche die Zone erreichen sollen, in die wir nicht gelangen können, von der wir uns abhängig wissen. – Das klingt jetzt nach Theologendeutsch.
Ich meine einfach, dass wir Verbindung aufnehmen mit Gott, dem wir uns verdanken. Und von dem wir alles erbitten. Und die Worte dazu finden wir manchmal gerade schriftlich, wenn wir aufschreiben, was in uns vorgeht.
Da geht es dann nicht um irgendeinen Anspruch, da geht es nur um Gott und mich – und wie ich die Verbindung mit ihm aufnehme. Oder auch einfach nur beantworte, was von Gott auf mich zukommt.
Doch, Gästebücher sind schon schön.
Ihr Albrecht Kessel, Pfarrer