Auf ein Wort
Angesagt – abgesagt – verschoben – gelöscht – begeistert
Angesagt, das sind Dinge, die fast jeder macht, die im Mittelpunkt des Interesses stehen. Angesagt sind derzeit bunte Mund-Nasen-Masken, Videokonferenzen und Brot backen.
Abgesagt sind dagegen viele Dinge: Quasi alle öffentlichen Veranstaltungen, die etwas mit Spaß und Freude zu tun haben. Die Kirwa, welch ein Jammer. Viele kleine Vereinsfeste, die unser Leben bunt gemacht haben. Abgesagt. Gemeinderats- und Kirchenvorstandssitzungen finden zwar statt, sind aber keine Spaßveranstaltung, sondern eine Notwendigkeit. Und es lässt sich manches nicht so gut besprechen, weil man nicht eng beieinander sitzen kann.
Aber nicht alles ist abgesagt. Viel ist verschoben. Unsere großen Jubiläen FW und FCO finden wie geplant im Mai und Juli statt, nur eben ein Jahr später. Es wirkt so, als ob es dieses Jahr nicht gibt. Wie wenn man im Computer alles markiert, kopiert und ein Jahr später wieder einfügt. Unser Gemeindefest mit dem kleinen Jubiläum 115 Jahr Posaunenchor. Die Jubelkonfirmation. Alle Gruppen und Kreise.
Gelöscht wird dieses Jahr aber nicht, im Gegenteil. Ich denke, dass sich vieles ins Gedächtnis einbrennt. Schwierige Abschiede am Grab, die Sehnsucht nach den Enkeln, die Existenzängste wegen drohendem Arbeitsplatzverlust. Aber auch die Freude am kleinen Schwatz auf Abstand, wenn man zufällig jemanden getroffen hat. Menschen, die selbstverständlich ihre Hilfe angeboten haben wie beim Nähen von Massen an Masken für die Diakonie und andere Institutionen. Oder die Delphine, die plötzlich wieder in der Lagune von Venedig aufgetaucht sind, weil der Massentourismus ausblieb.
Ich ziehe für mich die Zwischenbilanz, dass dieses Pandemie-Jahr uns auf die Probe stellt, unsere Geduld, die Fähigkeit Rücksicht zu nehmen, die Hoffnung irgendwann wieder einen Alltag zu haben. Und das Jahr regt an, darüber nachzudenken: was fehlt mir tatsächlich? Und worauf kann ich ganz gut verzichten? Unser Leben besteht ja oft aus einem Zuviel an Ablenkung und ein zu wenig an Konzentration. An Zentrierung auf unsere Lebensmitte. Ich finde sie in Christus. Im Evangelium wird davon erzählt, was er uns gezeigt und gelehrt hat. Für mich ist es die Konzentration auf die Liebe. Ich bin gemocht und geliebt, ich darf mich auch selbst mögen und lieben; und ich respektiere den anderen. Ich achte ihn oder sie, weil diese Liebe und Achtung auch mir gilt. Ich habe da Kreise vor Augen, die durch den Energiepunkt Jesus gehen und deshalb immer in Bewegung bleiben. Ein Erstarren in Lieblosigkeit ist da nicht möglich. Christus bewegt mich und begeistert mich. Das Wortspiel ist ja bekannt. Aber es ist nicht nur ein Wortspiel, sondern wirkliche Liebe, die mich durch Gottes Geist bewegt. Auch wenn wir Pfingsten nicht besonders in einem Festgottesdienst feiern. An Pfingsten werden wir doch daran erinnert.
Ihr Albrecht Kessel, Pfarrer