Gedanken und Erlebnisse von Gemeindegliedern in Zeiten von Corona
Für mich gibt es verschiedene Seiten dieser Krise:
- Als Landwirtin: da spüre ich nicht sehr viel von der Coronazeit. Die Arbeit ist die gleiche wie jedes Jahr. Nur ab und an muss ich nachfragen, wo und wann ich etwas kaufen kann.
- Als Kräuterpädagogin: da ist die Situation echt schlimm. Die Natur wächst, blüht und bietet so viel und ich kann meine Begeisterung an niemanden weitergeben. Das belastet meine Seele sehr. (Auch in der Kasse spüre ich, dass es knapper wird.)
- Als Mutter: der Kontakt zu meinen Töchtern ist doch anders und wir haben alle unsere Geburtstage mehr oder weniger alleine gefeiert – so wie auch das Osterfest. Eine Belastung, die aber durch die moderne Technik etwas abgemildert wird.
- Als Kind: leider kann ich meine Eltern nur mitAbstand sehen. Ich im Hof, Mama und Papa im 1. Stock. Den Geburtstagskuchen habe ich ihnen ins Treppenhaus gestellt – deprimierend.
- Als Christ: ich spreche mehr mit Gott, lausche Andachten und vermisse vor allem das Singen in der Kirche, was mich selber wundert-denn oftmals war es für mich Stress pur, bis ich im Gottesdienst war.
- Als Ich: vermisse ich am meisten andere Menschen die einfach so miteinander lachen und fröhliche Gesichter haben.
Denn ein paar Stunden an nichts Schlimmes denken, lachen, singen, eine Umarmung – im Kreis von Familie und Freunden – ein Traum, der hoffentlich bald wieder Wirklichkeit wird.
Birgit Lehmeier
In den Zeiten von Corona war ich sehr traurig, dass keine Gottesdienste mehr stattfinden durften. Vor allem an Karfreitag und Ostern habe ich die Gottesdienste und auch das Abendmahl sehr vermisst. Umso mehr habe ich mich über die Andachten von Pfarrer Kessel gefreut, die für mich überaus bereichernd waren. Er strahlte sehr viel Hoffnung und Zuversicht aus, so dass ich wieder gestärkt die noch vor uns liegenden Beeinträchtigungen aufnehmen konnte. Mir wurde wieder einmal bewusst, wie gut wir es in Deutschland haben. Ich danke Gott dafür.
Dagmar Schienhammer
Karfreitag 2020
Regelmäßig an diesem Tag um 15 Uhr wird zur Sterbestunde Christi in unserer Kirche St. Veit eineAndacht gehalten. So war es bisher, seit ich hier wohne. Aber an diesem Karfreitag in Corona Tagen ist eben nichts wie immer – auch nicht in St. Veit.
So war es für mich eine tröstliche Idee: Dann mache ich mir die Andacht selbst. Gesagt, getan. Mit dabei die Violine, zwei Flöten, Noten und die eigene Stimme. Um 15 Uhr war der Notenständer aufgebaut und ich war spielbereit.
Ganz allein war ich in der Kirche. Mein Blick ging durch den sonnendurchfluteten Raum bis nach draußen an die Kirchenmauer. Der Vorhang war zur Seite geschoben und die Tür stand offen.
Was für ein friedlicher, schönerAusblick. Dann fing ich an zu spielen und auch zu singen. Ich hörte mir selbst zu und fühlte mich geradezu geborgen! Im Laufe dieser halben Stunde betraten drei Ehepaare die Kirche und lauschten. Fast am Ende das Spielens sagte ich das einzige von meinen Musikstücken an. Ein Flötenstück mit dem Titel „Hoffnung“. In dieser Situation fand ich es sehr passend. Später radelte ich im Sonnenschein wieder heim und war richtig glücklich. Mir selbst hatte ich eine große Freude bereitet und wohl auch ein paar Kirchenbesucher dabei mitgenommen. Karfreitag 2020 – einmal ganz anders.
Dagmar Waßmann
Mir fehlt unser Gottesdienst sehr, das miteinander Beten, Singen und der kleine Plausch vor der Kirche. Die wöchentlichen Kurzandachten von Albrecht und seiner Familie sind ein Hoffnungszeichen in dieser Zeit. Sehr gerne nutze ich, zusammen mit der Familie, dasAngebot der Christuskirche in Lauf. So haben wir auch die Osterfeiertage mit Gottesdienst feiern können. Doch all diese Angebote ersetzen nicht die Atmosphäre in einer Kirche. Ich vermisse auch sehr die Kirchenmusik, das Orgelspiel, das gemeinsame Singen und vor allem auch das Singen mit dem Frauensingkreis. In den letzten Wochen hätte der Chor mehrmals das Gemeindeleben begleitet. Das fehlt schon!
Aber ich glaube, dass es auch eine große Chance für die Kirche ist, sich neu zu vernetzen. Gerade die junge Bevölkerung findet das Angebot der Online Gottesdienste gut. Kann man doch entspannt mit einer Tasse Kaffee auf dem Sofa den Gottesdienst verfolgen. Ich würde mir wünschen, dass wir aus dieser Krise gestärkt heraus gehen. Der Mensch ist verletzlich, unsere Welt ist verletzlich und wir können nicht nur nach Gewinn und Profit streben. Dass man jetzt solange keine sozialen Kontakte wahrnehmen konnte, jeder für sich alleine war, hat aber gezeigt, dass Gemeinschaft notwendig ist um zu überleben.
Christina Häberlein
Freitagabend, 20:00 Uhr, Gemeindehaus, Beginn der Posaunenchorprobe. Manche mit etwas mehr Vorbereitung, beispielsweise Chorleiter und Obmann, sei es Noten vom Dachboden holen oder über die nächsten Termine sprechen. Aber alle Bläser, die nicht verhindert sind, zumindest in seelischer Vorbereitung und mit Instrument und meistens zugehörigem Mundstück im Probenraum. So ist das normalerweise an 42 Tagen im Jahr, denn allein so viele Proben hat unser Chor durchschnittlich. Wie im Protokoll der Hauptversammlung von 1968 der damalige Chorleiter Hans Birkmann bereits festhalten ließ: „Als Entschuldigung für Probenbesuch dürfe nur Krankheit gelten. Ein Bläser müsse es lernen, auf viele andere Sachen zu verzichten, z. B. am Freitagabend auf das Fernsehen.“ Doch nun ist es genau umgekehrt, die Bläser dürfen nicht zur Probe kommen, nicht gemeinsam musizieren, nicht im Anschluss die Gemeinschaft pflegen. Alles ist momentan ausgesetzt, der Chor ist im Winterschlaf. Was bleibt, ist eigenständiges Üben und Spielen, aufgezeichnete Musik aus früherenZeitenanhören, Tee trinken und abwarten. Manche Bläser sind dem Aufruf gefolgt, jeden Sonntag nach dem Glockengeläut um 09:00 Uhr ein paar Lieder in den Ort hinauszuposaunen, das geht sogar auch mit anderen Instrumenten als mit Posaunen. Die größte Beteiligung ergab sich am Ostersonntag durch die bundesweite Aktion „Ostern vom Balkon“, die vom Posaunenwerk Hannover initiiert wurde und zu deren Teilnahme auch der Evangelische Posaunendienst in Deutschland, unser Bezirk Hersbruck und der ZDF-Fernsehgottesdienst aufgerufen hatten. Soviel auch momentan die digitalen Alternativen von der Situation profitieren und sich nun auch viele bisher resistente Personen zur Nutzung moderner Medien hinreißen lassen, ist dies alles kein Ersatz für Gemeinschaft und schon gar nicht ein Ersatz für einen Posaunenchor, der von seiner Präsenz im Ort lebt. Posaunenchor funktioniert nicht ohne Bläser, aber auch nicht ohne Zuhörer. „Nichts ist schwer, was man gerne tut“, ein weiteres Zitat von Hans Birkmann, welches in dieser Situation von beiden Seiten beleuchtet werden kann: Ja, das Spielen macht unseren Mitgliedern Spaß und sie tun es gerne, also dürfte es keinem schwerfallen. Nicht zu spielen macht zwar auch Spaß, aber nur für eine kurze absehbare Zeit, wie unsere Sommerpause beispielsweise, aber nicht monatelang und dazu im Ungewissen, wann alles wieder so sein wird wie vorher. Dennoch schauen wir zuversichtlich in die Zukunft und freuen uns darauf, wenn es uns wieder möglich sein wird gemeinsam zu proben, gemeinsam Ständchen zu spielen, gemeinsam bei Gottesdiensten mitzuwirken, gemeinsam zum Lobe Gottes zu musizieren.
Matthias Huth
Am meisten vermisse ich die Gemeinschaft, das Treffen in den Vereinen, die sonntäglichen Gottesdienste und den Austausch mit Freunden und Bekannten und natürlich den Besuch der Enkelkinder. Als Alternative sehe ich mir die Gottesdienste im Fernsehen an,was ich sonst nie gemacht habe und finde diese als Ersatz ganz toll. In diesen Zeiten merkt man erst, wie wichtig das Miteinander und das gegenseitige Füreinanderdasein ist. Ich wünsche mir, dass sich nach der Krise einiges an positiven Erfahrungen erhält und im Bewusstsein bleibt.
Gernot Deinzer
Die Gottesdienste in der St.Veit- Kirche fehlen mir sehr, hier mit den Gottesdienstbesuchern ins Gespräch zu kommen, oder sie einfach nur zu sehen, ob es ihnen gut geht.
Ich habe teilweise die youtube-Predigten von Pfr. Kessel angesehen und möchte mich auch ganz herzlich bei seiner Familie bedanken, die diese so schön umrahmt haben. Leider hat mir persönlich aber immer das Gotteshaus gefehlt und der feste Termin. Dort wirkt es für mich tiefer und auch das gemeinsame Singen gibt mir sehr viel. Zuhause bete ich viel und auch an allen Orten, das ist mir vertraut und fällt mir nicht schwer, aber für eine youtube-Predigt fand ich nie den richtig passenden Zeitpunkt. (Mag auch daran liegen, dass ich so gut wie nie youtube besuche). In die Kirche bin ich immer mal wieder gegangen und hab mir das Wort für die Woche geholt.
Ich freue mich darauf, wieder zum festgelegten Termin in die Kirche zu kommen und gemeinsam Gebete zu sprechen. Auch wenn Vieles nicht mehr wie vorher ablaufen wird, hoffe ich auf vertraute Bestandteile im Gottesdienst.
Es ist mir klar geworden, wie viel leichter es fällt, einem festverankerten Bestandteil im Leben zu folgen und wie schwierig es ist, sich auf neue Wege (youtube) einzulassen.
Darüber hinaus ist es sehr traurig, wenn man Angehörige nicht im Krankenhaus oder Altenheim besuchen kann, oder es einem sogar verwehrt bleibt, ihnen in der Stunde des Abschieds beizuwohnen bzw. ihnen nicht die letzte Ehre erweisen zu dürfen.
Durch die Kurzarbeit und die Ausgangsbeschränkung war ich sehr viel in unserer Umgebung unterwegs und habe ganz neue Spazierwege dazu gefunden. Diese und auch die bekannten Wege bin ich in den vergangenen Wochen häufig gegangen und jede Woche habe ich mich über die Schöpfung Gottes gefreut, wie sich die Natur verändert hat. Von den kahlen Bäumen und grauen Wegen zu dem vielen verschiedenen Blattgrün der Bäume und Sträucher, das Wachsen der Getreidehalme, die trotz der Trockenheit nicht aufgegeben haben, sich Richtung Himmel zu schieben. Sehr genossen habe ich die Ruhe (manchmal schon etwas gespenstisch), frei von Auto-und Fluglärm, man konnte immer die Vögel zwitschern hören und auch viele Wildtiere beobachten. Das hat mich immer zuversichtlich gemacht, dass es wieder gut wird, so wie die Natur von Gottes Hand sich auch in den schwierigen Zeiten weiterentwickelt. Zuversicht – das Thema der Fastenzeit war und ist mein ständiger Begleiter.
Ich habe jetzt mehr Zeit für Dinge die lange liegengeblieben sind, so auch das Aufräumen des E-Mail-Faches. Da kam mir die Einteilung zum Bibel-Marathon wieder in die Augen und ich hab mich daran erinnert, welch eine schöne Veranstaltung dies im Luther-Jahr war.
Ute Herbst
Die Corona Pandemie und ihre Auswirkungen auf unseren Alltag. Es klingt vielleicht etwas übertrieben, aber die wenigen Kontakte mit Dritten haben schon dazu geführt, dass ich mich mit grundsätzlichen Dingen beschäftigt habe. So habe ich zum Beispiel in der Passionszeit die Passionsgeschichte in allen vier Evangelien gelesen und verglichen, was ich letztlich sehr interessant fand, z.B. die unterschiedliche Erwähnung von Maria Magdalena. Auch habe ich mich intensiv mit der Entwicklung im Jahr 1989 in der DDR auseinandergesetzt und zu meinem Erstaunen festgestellt, welchen großenAnteil die Evangelische Kirche an der Entwicklung der Befreiung der DDR hatte, das war mir so nicht bewusst.
Natürlich hatte die Isolation auch Auswirkungen auf die täglicheArbeit, so haben wir, was wir gar nicht planten, das Treppenhaus gestrichen, meine Frau sagt, dass meine Werkbank im Keller noch nie so ordentlich aufgeräumt war und jetzt streiche ich den Sockel unseres Hauses, all das wäre ohne Corona sicher nicht passiert.
Nachdem wir als Eheleute schon länger allein zusammen leben, hat sich nicht viel im Alltag geändert. Eigentlich war es wie immer, nur, und das vermissen wir sehr, einen Restaurantbesuch und ein gemeinsames Essen mit Freunden außer Haus. Edith sehnt sich nach einem frisch gezapften Bier, sie mag kein Flaschenbier.
Besonders bedauern wir, dass wir unsere bereits gebuchten Reisen absagen mussten, wir wollten nach Namibia, nach Israel, in die Festspiele nach Oberammergau und nach Bad Hersfeld. Alles ist gestrichen.
Auch vermisse ich meinen monatlichen Besuch in Prag bei Freunden und auch in der Wohnung müsste man nach dem Rechten sehen.
Gottesdienste haben wir pro Wochenende immer zwei gesehen bzw. gehört, zum einen den Gottesdienst aus St. Veit von Pfarrer Kessel auf youtube und zum anderen den Gottesdienst via Zoom der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Prag, der hatte den Vorteil, dass man am Ende des Gottesdienstes sozusagen einen virtuellen Kirchenkaffee hatte, bei dem man mit allen, die sich zugeschaltet hatten, kommunizieren konnte, eine lustige Sache. Erfreulich war der 6. Mai, da konnten wir auf Grund der neuen Hygieneregeln als Familie wieder vollständig zusammen sein, es war wie eine Erlösung.
Wir hoffen nun, dass die Pandemie so begrenzt werden kann, dass ein „normales Leben“ ohne Einschränkungen wieder möglich ist.
Edith & Jürgen Schmidt
Karfreitag und Ostern ohne Präsenzgottesdienste, das wäre vor der Coronakrise undenkbar gewesen.
Aber die Pandemie hat nahezu alle Lebensbereiche erfasst und so auch das kirchliche Leben.
Die Aussicht auf nicht stattfindende Ostergottesdienste in der vertrauten St. Veit Kirchehatbeiunsdieösterliche
Vorfreude schon stark gedämpft. So blieb die Hoffnung auf die angekündigten youtube-Gottesdienste. Wenn wir auch dem technischen Fortschritt oftmals mit mehr oder weniger Skepsis begegnen, haben diese Gottesdienste jedenfalls gezeigt, dass Digitalisierung und Internet auch zum Segen werden können.
Herr Pfarrer Kessel hat es verstanden, unter Nutzung der technischen Möglichkeiten, die Osterbotschaft in die Häuser zu bringen. Die Osteransprache in Verbindung mit musikalischer Umrahmung haben wir als beruhigendundhoffnungsvollempfunden.
Für die Zukunft wünschen wir uns wieder Gottesdienst in der schönen Kirche St. Veit und zwar ohne Mundschutz, Platzabstände und Platzkontingentierung.