Auf ein Wort
Der Ostermorgen ist für mich das Portal in eine andere Welt. Die Welt der Hoffnung. Es ist seltsam, dass sich bei mir immer wieder dieser Schalter umlegt. Dazu gehört natürlich auch ein ritueller Übergang: wenn auf dem Mainberg in Weigenhofen das Osterfeuer aufflammt, der Posaunenchor den mächtigen Osterchoral anstimmt: „Christ ist erstanden“ und es langsam heller wird bis schließlich die Sonne orangerot am Horizont auftaucht.
In dieser Stunde des Ostermorgens legt sich der Schalter wieder um: es ist gut auf dieser Erde – und was nicht ist, wird. Ich spüre diese tiefe Hoffnung in mir. Da kann ich vorher deprimiert sein von den schlimmen Nachrichten aus aller Welt. Da kann ich schwarzsehen angesichts der Pandemie oder frustriert sein von einer Arbeit, die umsonst getan war.
Am Ostermorgen sehe ich wieder alles anders – mit dem Blick der Hoffnung. Die Sonne tut gut, auch wenn sie wegen der Wolken nicht direkt zu sehen ist – hinter den Wolken ist sie auf jeden Fall da. Der Tag wird hell und meine innere Stärke steigt an. Natürlich wird so manches wieder besser. Natürlich kann ich wieder viel erreichen. Natürlich ist das Leben gut und schön. Natürlich schmeckt das Osterei zum Kaffee einmalig.
Auch wenn der erste Ostermorgen weit in der Zeit zurückliegt – 2000 Jahre sind eine lange Zeit – er kommt mir immer wieder nahe. Jesus ist über den Tod hinausgewachsen. Er hat die Grenze gesprengt – da blüht meine Hoffnung auf, jedes Mal neu.
Durch Christus sehe ich auf das große Ganze. Nicht, weil ich es besser wüsste durch meinen Verstand, sondern weil Gott mir Hoffnung eingepflanzt hat – ohne dass ich sagen könnte, wie das passiert ist. Am Ostermorgen bin ich für diese Hoffnung besonders dankbar.
Ihr Albrecht Kessel, Pfarrer