Auf ein Wort

Es ist wirklich eine seltsame Zeit. Und ich habe langsam Watte im Kopf – zumindest zeitweise.

Eigentlich läuft ganz viel in meinem Alltag wie gewohnt. Aber bei jedem Schritt außerhalb oder jeder Veranstaltungsplanung sind so viele Sachen zu bedenken! Auf die Dauer macht das mürbe. Und dass es letztlich weniger Sozialkontakte sind, die ich habe, merke ich oft erst dann, wenn sich die Watte in meinem Kopf ausbreitet.

Was war gleich nochmal normal? Da haben sich ja doch einige Dinge verschoben in Ihrer Bedeutung für mein Leben. Und das macht dieses Gefühl aus, ein Gefühl wie Watte im Kopf.

Der körperliche Abstand führt auch dazu, dass der innere Abstand zu einzelnen Bekannten größer wird und ich oft nicht weiß, wo er oder sie sich gedanklich befindet. So anstrengend die Zeit ist und manche Verwerfung mit sich bringt, so sehnsüchtig schaue ich auf die Adventszeit. Besinnlich und still soll sie immer sein. Alljährlich ist das die öffentliche Vorgabe, die aber immer wieder durch besonders große Geschäftigkeit und Feierlichkeiten unterlaufen wird. Ob es in diesem Jahr anders wird? Stille wirkt in der Zeit der Kontaktbeschränkung fast wie unangenehmer Zwang. Ob ich es für mich ummünzen kann? Von einer gezwungenen Stille zu einer Stille, in der ich so manches für mich abklären kann. In der ich die Stille als Ressource positiv nutzen kann? In der ich die Watte aus dem Kopf holen kann und zu einer neuen Schärfung der Sinne komme?

Die Anbetung des Jesuskindes in der Krippe durch die drei Weisen aus dem Morgenland bekommt hier die Tiefe seiner Bedeutung zurück. Anbetung ist Stille, Innehalten, die Sinne öffnen; ganz Schale werden, nicht mehr ständige Quelle. Jesus in dieser menschlich ohnmächtigen Gestalt als Gott sehen, da öffnet sich ein innerer Raum. In dem sicher viele Fragen auftauchen. In dem aber auch Raum ist für Liebe, Nähe und Klarheit. Es ist gut, sich dem – in aller Not dieser Zeit – zu stellen und neue Kraft zu ziehen.

Ihr Albrecht Kessel, Pfarrer