Abendmahl

Die Feier des Abendmahls ist nicht starr, sondern wandelt sich mit der Zeit

 

Für viele Gottesdienstbesucher war es unverständlich, warum die gute Tradition, im Frühjahr und Herbst Abendmahl mit Beichte zu feiern, geändert werden sollte. Zusätzlich gab es ja die Abendmahlsfeiern noch an großen Festtagen.

Es gab auch Befürchtungen, dass die Feier des heiligen Abendmahls einmal im Monat dazu führt, dass es zu alltäglich wird und so das „Besondere“ oder Heilige abhanden kommen könnte und auch, dass der Gottesdienst zu lange dauern würde.

Nach der Einführung der monatlichen Feier des Abendmahls waren an diesen Sonntagen oftmals weniger Besucher im Gottesdienst. Auch zu Beginn der Abendmahlsliturgie verließen immer einige die Kirche, was als sehr störend empfunden wurde und sie gingen natürlich auch ohne den Segen am Gottesdienstende.

Pfarrer Elhardt hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass die monatlichen Gottesdienste mit Abendmahl eine Einladung seien, keine Verpflichtung bestehe daran teilzunehmen und die Zeit während der Austeilung gerne zur persönlichen Stille oder zum Singen genutzt werden könne.

Heute kommen dieser Einladung viele, ob jung oder alt, sehr gerne nach.

Elfriede Deinzer

Bis in die 1980er Jahre war es selbstverständlich, dass der Pfarrer das Abendmahl allein austeilte. Auch verantwortete er die Hygienemaßnahmen wie die Desinfektion, das sorgsame Abwischen des Kelches und das Nachschenken des Weines. Dadurch dauerten diese Gottesdienste natürlich länger als die üblichen Gottesdienste. Deshalb verließen viele Gemeindeglieder nach dem Lied, das auf die Predigt folgte, den Gottesdienst ohne Vaterunser und Segen. Dieser Vorgang war für den damaligen Pfarrer Siemoneit immer wieder der Anlass darauf hinzuweisen, dass diese Gemeindeglieder den Gottesdienst vor dessen Beendigung abbrachen. Zwar gab es noch keine Lösung, aber das Problem war angesprochen.

Pfarrer Elhardt, der Nachfolger Pfarrer Siemoneits, führte dann in Bezug auf die Austeilung die Neuerungen ein, die uns jetzt selbstverständlich sind, die den Gottesdienst zeitlich nicht aus dem Rahmen fallen lassen, die Mitarbeiter mit einbeziehen und von der Gemeinde gut angenommen werden.

Die erste Neuerung bestand darin, dass die damalige Mesnerin, Frau Merkel, sich um die Hygienemaßnahmen und das Nachschenken des Weines kümmerte. Auf einmal standen zwei Personen am Altar.

Auf Anregung Pfarrer Elhardts beschloss dann der Kirchenvorstand, dass auch der Lektor bei der Austeilung des Abendmals mitwirken könne. Dieser Beschluss betraf mich und ich muss gestehen, dass ich darüber nicht nur glücklich war. Wie würde die Gemeinde es aufnehmen, wenn ein Laie ihnen Brot und Wein reichen und den Segen zusprechen würde? Aber meine Bedenken waren unbegründet. Die Ottensooser stehen Neuerungen eben zumeist positiv gegenüber. Besonders gefreut hat es mich, dass anlässlich einer Jubelkonfirmation, bei der Pfarrer Wunderlich anwesend war, der mich 1972 konfirmiert hatte und dem ich das Abendmahl austeilte, mir im Anschluss erzählte, dass es für ihn eine große Freude war, von seinem ehemaligen Konfirmanden Brot und Wein gereicht bekommen zu haben.

Inzwischen wirken auch Mitglieder des Kirchenvorstandes, bei Kinderbibelwochen Mitarbeiter aus der Jugend oder andere Gemeindemitglieder bei der Austeilung des Abendmahles mit. Das hat nicht nur mit einer zeitlichen Komponente zu tun, sondern ist auch schönes Beispiel für das königliche Priestertum (1. Petrus 2,9) aller Christen.

Reinhold Pürkel

Wie lange gibt es bei uns in Ottensoos schon das Abendmahl für Kinder?

 

Bei der Suche in alten Kirchenboten finde ich im Juni/ Juli 2003 folgenden Eintrag von Pfr. Elhardt:

Beim Thema „Kinderabendmahl“ taucht schnell die Frage auf: „Ist das nicht gegen die Tradition unserer Kirche?“

Ich nehme diese zurückhaltende Frage sehr ernst. Die Tradition unserer Kirche hat lange Zeit vorgesehen, dass Kinder erst nach einer „Belehrung“, eben im Präparanden- oder Konfirmandenunterricht, zum ersten Mal das Hl. Abendmahl nehmen, gewöhnlich am Tag der Konfirmation.

Aus gewichtigen pädagogischen Gründen gibt es seit ca. 20 Jahren in Ottensoos schon die Regelung, dass nach der entsprechenden Unterweisung das erste Abendmahl bei der Freizeit in Prackenfels gehalten wird. Wir nehmen dabei immer Traubensaft – auch das ist ein Gesprächsthema mit den Konfirmanden.

Die Konfirmanden haben dann nach der Freizeit selbst die Möglichkeit der Entscheidung, wie oft sie zum Abendmahl gehen bis zum Tag der Konfirmation. So besteht zumindest die Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen. Das Kinderabendmahl führt diese Gedanken fort: Einübung des Glaubens mit den Eltern zusammen.

Im September des Jahres 2003 fand dann die Kinderbibelwoche zum Thema „Gottes Einladung zu seinem großen Fest“ statt, bei deren Abschlussgottesdienst das erste Mal Kinder gemeinsam mit ihren Eltern das Abendmahl erhielten. Es gab auch einen Elternabend im Vorfeld, bei dem das Geplante besprochen wurde und eventuelle Einwände dargelegt werden konnten. Es waren intensive Gespräche im Team während der Vorbereitung des Gottesdienstes und das Anliegen aller, diesen Start gut zu gestalten und auch die Eltern mitzunehmen, die für ihre Kinder das Abendmahl erst zur Konfirmation wünschten. Seither ist es bei uns in der Gemeinde üblich, dass die Familien geschlossen zum Tisch des Herrn nach vorne kommen. Wenn einem Kind das Abendmahl noch nicht gegeben werden soll, legen die Eltern dem Kind die Hand auf die Schulter und es bekommt statt des Abendmahles einen Segen zugesprochen.

Seither sind der Abschlussgottesdienst der Kinderbibelwoche und die Tauferinnerung im Frühjahr die beiden Gottesdienste, bei denen Kinder mit ihren Eltern zum Abendmahl kommen und die Liturgie besonders auf die Kinder abgestimmt wird, aber auch sonst können die Kinder seitdem zum Abendmahl mit ihren Familien kommen.

Was anfangs noch neu und ungewohnt war, hat sich mittlerweile eingebürgert, und ich habe in den Folgejahren das Abendmahl bei den Familiengottesdiensten oft als sehr bewegend erlebt.

Im Jahr der Vakanz 2005 kam Pfr. Geyer zum Abschlussgottesdienst der Kibiwo, um mit uns das Abendmahl zu feiern und er sagte, dass er da ein bisschen „neidisch“ sei, dass wir das in Ottensoos schon eingeführt hatten. Diese Weitsicht haben wir Pfr. Elhardt zu verdanken und auch die Ottensooser müssen gelobt werden. Es gab keinen Sturm im Wasserglas, sondern das Kinderabendmahl wurde als Bereicherung gut angenommen.

Ute Pürkel

Stimmen von Gemeindemitgliedern

Ich komme aus einer unkirchlichen Familie – meine Eltern waren nur zu den Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten ihrer Kinder im Gottesdienst und natürlich bei Beerdigungen.

Meine Mutter hat es unter anderem damit begründet, dass sie es unmöglich fand, dass man in Ottensoos für das Abendmahl „bezahlen“ musste, was in dem Ort, wo sie herkam, nie der Fall war. Natürlich hat sie da etwas in den falschen Hals gekriegt und wahrscheinlich war es auch eine willkommene Ausrede.

Tatsächlich war das in früheren Zeiten mit dem Abendmahl ganz anders als heute. Abendmahl war nur ganz selten, vornehmlich in der Passionszeit und am Buß- und Bettag. Das Abendmahl war immer nach dem Gottesdienst, auch kein Sakrament für sich, sondern stets an die vorherige Beichte gekoppelt. Wer nun die Absicht hatte, z.B. am Karfreitag zu Beichte und Abendmahl zu gehen, der ging vor dem Hauptgottesdienst in die Sakristei, um sich beim Pfarrer hierfür anzumelden. Diese Anmeldung war immer mit einer Spende verbunden, die in einem Buch vermerkt wurde.

Wenn dann der Hauptgottesdienst zu Ende war, verließen alle Gottesdienstbesucher, die nicht am Abendmahl teilnehmen wollten die Kirche und es erfolgte die Abendmahlsliturgie mit Austeilung im Anschluss.

Während beim Abendmahl die Einsetzungsworte („In der Nacht, da Jesus verraten wurde“) gesprochen oder gesungen werden – singen finde ich sehr viel schöner – stelle ich mir immer vor, wie Jesus das Brot bricht und den Wein eingießt und ich mit den Menschen vor dem Altar stehe, die mir besonders viel bedeuten. Das ist für mich ein sehr intensiver Moment des Gottesdienstes, ich fühle mich mit den anderen verbunden, auch wenn sie gar nicht da sind. Gleichzeitig ist es wie eine Fürbitte für diese Personen, die mir im Augenblick ganz besonders am Herzen liegen.

Abendmahl bedeutet für mich Gemeinschaft. Das drückt das Lied 221 für mich ganz einmalig aus: „… wir sind, die wir von einem Brote essen, aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder, Schwestern und Brüder.“ Gleichzeitig ist es auch eine Stärkung für das, was vor uns liegt und Anspruch, gut zu leben. „Wenn wir in Frieden beieinander wohnten, Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten, dann würden wir den letzten heilgen Willen des Herrn erfüllen.“

Ich mag es überhaupt, wenn die Gemeinde während der Austeilung singt, bei bekannten Liedern kann ich beim Weg zum Altar mitsingen, das finde ich auch schön.

Abendmahl in Coronazeiten? Ganz ehrlich – ich habe mich schon gefreut, dass es nach so langer Zeit wieder Abendmahl gab, vor allem die Karwoche und Ostern ohne Abendmahl waren irgendwie leer. Aber bei der momentanen Regelung fehlt mir doch der Halbkreis, den wir normalerweise im Altarraum bilden und der ein großes Zeichen von Gemeinschaft ist. Da stehen oft Menschen, mit denen ich nur wenig zu tun habe, trotzdem sind wir in diesem Moment auf eine Weise verbunden, welche weder einem guten Gespräch noch etwas anderem gleicht.

Abendmahl

Bildnachweis: Huth, Gemeindebriefmagazin