Landesstellenplanung und Pfarrhausbedarfsanalyse

Das Jahr 2022 war für den Dekanatsausschuss von zwei großen konzeptionellen Überlegungen geprägt. Zum einen musste angesichts zurückgehender Pfarrer die zukünftige Stellenverteilung neu gedacht und festgesetzt werden. Ein Ergebnis davon ist zum Beispiel die Pfarreibildung in drei Regionen unseres Dekanatsbezirkes. Damit im Zusammenhang steht die Frage nach dem zukünftigen Bedarf an Dienstwohnungen für Pfarrer. Eine neue Rahmenrichtlinie der Landeskirche sieht hier eine Bedarfsprognose für in 20 Jahren vor, nicht zuletzt, um die finanziellen Bedarfe für Instandsetzungsmaßnahmen heute schon abschätzen zu können. In den kommenden 10 bis 15 Jahren wird sich aber vermutlich auch die Zahl der diensthabenden Pfarrer bayernweit halbieren. Dies lässt sich aus den aktuellen Zahlen der Studenten und Vikare im Gegenüber zu den absehbaren Ruheständlern der kommenden Jahre klar berechnen. Weniger Pfarrer bedeutet aber auch einen geringeren Bedarf an Dienstwohnungen für diese Berufsgruppe.

Der Dekanatsausschuss hat sich nach mehreren Sitzungen am Ende mehrheitlich dafür ausgesprochen, neun von derzeit 25 Dienstimmobilien in unserem Dekanatsbezirk zukünftig nicht mehr als Dienstwohnung vorzuhalten. Leitend war die Frage: Wo sollen zukünftig in unserem Dekanat Pfarrer wohnen (müssen)? Mit dieser Frage verbunden war ein Abwägen komplexer Fragestellungen zu den einzelnen Immobilien:

  • Regionale kirchliche Verortung und Wege
  • Infrastrukturanbindung
  • Staatliche Baulast
  • Zustand der Immobilie
  • vermutete Instandsetzungskosten
  • Geschichte der Instandsetzungs- maßnahmen
  • Ensemble oder freistehend
  • Denkmalschutz
  • verkäuflich
  • andere Nutzung denkbar
  • bewohnt/nicht bewohnt
  • „schön“
  • Trennung von Privat und Dienst
  • faire Verteilung von Dienstimmobilien in der Fläche

In der Abwägung des Dekanatsausschusses (Stand Januar 2023) werden zum Beispiel in der zu bildenden Pfarrei Hersbruck-Sittenbachtal die Pfarrdienstimmobilien Altensittenbach und Johanneskirche mit dem nächsten Stellenwechsel künftig als Dienstwohnung aufgegeben. Bei Stellenwechsel würde dann für einen Nachfolger auf  der 2. Pfarrstelle eine Dienstwohnung angemietet werden. Bezuschusst mit 75% der Kaltmiete durch die Landeskirche. Für den Dekanatsausschuss überwogen in dieser Pfarrei mehrheitlich die Argumente wie „Nähe zum Pfarramt“, „Ensemblesituation/Nähe zum Gemeindehaus“ und „bessere Weiterverwendungsmöglichkeit“, um sich für das Pfarrhaus 1 bei der Stadtkirche/Pfarramt und gegen das Pfarrhaus an der Johanneskirche zu entscheiden. Kirchensittenbach sichert die Präsenz in der Fläche, das Pfarrhaus 3 ist mit Dekanat und Pfarramt im EG als Dienstwohnung gesetzt. So die im Dekanatsauschuss mehrheitlich vertretene Meinung.

Die Aufgabe als Dienstwohnung bedeutet letztlich die Entbindung einer Pfarrstelle von der Residenzpflicht in einer bestimmten Wohnung. Diese Pflicht gilt aber auch nur für die Berufsgruppe der ordinierten Pfarrer, weil das Wohnen in einem Pfarrhaus Teil ihrer Besoldung ist. Andere kirchliche Berufsgruppen wie Diakone oder Kantoren u.a. müssen nicht in Pfarrdienstwohnungen einziehen, selbst wenn sie eine Pfarrstelle übertragen bekommen (berufsgruppenübergreifender Einsatz).

Weitere Beispiele im Dekanat:

Die Entbindung einer Immobilie von einer Pfarrstelle kann deshalb durchaus auch zu einer besseren und wirtschaftlicheren Nutzung eines Pfarrhauses führen. Unter Umständen könnte sogar eine solche Immobilie auch von einem Pfarrstelleninhaber angemietet werden. Verschiedene Möglichkeiten werden bereits ausprobiert. In Hartmannshof wird die Dienstwohnung vermietet, in Eschenbach wird ein Haus für dekanatsweite Dienste eingerichtet (Projekt auf 5 Jahre, gefördert durch die Landeskirche), in Lauf plant man die Weiternutzung des Pfarrhauses an der Christuskirche als Treffpunkt und Arbeitsplatz für Jugendreferentin, Pfarrstelleninhaber und Kantorin. Tatsache ist, dass diese Konzeptentwicklung und die Aufgabe von Dienstwohnungen auch dem Dekanatsausschuss nicht leicht fällt, weil es doch schmerzlich deutlich macht, dass sich bisherige Selbstverständlichkeiten in unseren Gemeinden in den kommenden Jahren dramatisch verändern werden. Wir alle hätten es gerne anders und wünschten uns in jedem Pfarrhaus Licht. Doch der Realität können wir uns als Kirche nicht verschließen, sondern müssen umso gewissenhafter mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen an Personal und Kirchensteuermitteln ordentlich haushalten. Wohlwissend und darauf vertrauend, dass dort, wo der Herr nicht das Haus baut, umsonst arbeiten, die daran bauen. Bitten und beten wir um seine Geistesgegenwart in allen laufenden und kommenden Veränderungsprozessen.

Dekan Tobias Schäfer

Wunderschön sind die Pfarrhäuser in unserer Region „Mittleres Pegnitztal“, links das Pfarrhaus in Reichenschwand direkt neben der Albanuskirche, in der Mitte das Pfarrhaus in Schönberg, ebenfalls mit wunderbar renoviertem Fachwerk oder auch das Ottensooser Pfarrhaus aus Sandstein mit Sattelwalmdach und dem großen Garten mit Scheune 

Pfarrhausbedarfsanalyse

Dahinter steckt ein schwer verdaulicher Vorgang. Es analysiert die Situation, was gebraucht wird und was bezahlt werden kann angesichts schrumpfender Kirchenmitgliedzahlen. Natürlich brauchen wir alles, wie wir es gewohnt sind: Kirchen als Versammlungsorte für unsere Gottesdienste, Gemeindehäuser als Veranstaltungsorte gemeinsamen christlichen Lebens und Pfarrhäuser als Wohnstätte für die Pfarrerinnen und Pfarrer, gerne auch mit Familien. Das Pfarrhaus spielt deshalb eine große Rolle, weil es der Garant ist, den Pfarrer oder die Pfarrerin anzutreffen, wenn es nötig und wichtig ist. Das ist an den Scharnierpunkten unseres Lebens wichtig: wenn neues Leben entstanden ist, wenn sich Menschen zusammengefunden haben, wenn Abschiedssituationen gekommen sind. Es geht darum, sich Gottes Segen zu vergewissern und persönlich zugesprochen zu bekommen; dazu braucht es eine geistliche Person, die das kompetent tun kann. Das Pfarrhaus gibt die augenfällige Sicherheit jederzeit den entsprechenden Kontakt bekommen zu können. Geht das auch ohne Pfarrhaus? Tatsache ist, dass die Mehrheit der bayerischen Ortschaften auch ohne ein Pfarrhaus auskommt. Es gibt mehr Ortschaften ohne kirchliches Zentrum als mit. Nur sind diese Ortschaften es gewohnt, dass das Pfarrhaus nicht in unmittelbarer Nachbarschaft steht. Wir betreten Neuland, indem wir Änderungen in unserer Kirchenlandschaft herbeiführen und manche Pfarrhäuser als solche aufgeben. Der Prozess, deren Teil die Pfarrhausbedarfsanalyse ist, ist ein sehr schmerzlicher Vorgang. Er vollzieht den Schrumpfungsprozess unserer Kirche nach, der schon im vollen Gang ist. In Deutschland leben inzwischen weniger Menschen mit Kirchenzugehörigkeit als ohne. Und das wird noch weiter gehen. Am liebsten würden wir alles so belassen, wie es ist und ausblenden, was uns die Realität vorgibt. Dieses Verhalten hat natürlich keine Zukunft. Bevor wir aber angesichts der anstehenden Aufgaben in Angst und Mutlosigkeit erstarren (wie die Jünger vor Pfingsten), bitten wir um die Begleitung des Heiligen Geistes, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Dekanatsausschuss hat nun in einem längeren Prozess eine Pfarrhausbedarfs-Konzeption erstellt (siehe dazu den oberen Abschnitt von Dekan Schäfer). Diese Konzeption muss noch vom Landeskirchenamt in München überprüft und bestätigt werden. Sie teilt in unserer Region „Mittleres Pegnitztal“ die Pfarrhäuser in drei Kategorien ein: bleibt bis zum nächsten Stellenwechsel Pfarrhaus (Schönberg), bleibt noch bis zu 20 Jahren Pfarrhaus (Reichenschwand) und bleibt mindestens die nächsten 20 Jahre Pfarrhaus (Ottensoos). Zu trennen ist immer die Funktion „Pfarrhaus“ und die Immobilie selbst. Bei der Konzeption des Dekanats geht es nur um die Funktion „verpflichtender Dienstsitz des Pfarrers/ der Pfarrerin“, und nicht um die Eigentumsverhältnisse. Die Kirchengemeinde bleibt Eigentümerin der Immobilie. Sie ist nur nicht mehr verpflichtender Dienstsitz und die Landeskirche ist nicht mehr finanziell verpflichtet sie zu erhalten. In der Region „Mittleres Pegnitztal“ wird die Konzeption natürlich nicht positiv aufgenommen. Denn sie macht greifbar, was sich schon in den letzten Landesstellenplanungen abzeichnet: dass auf absehbare Zeit alle drei Pfarrstellen in unserer Region „Mittleres Pegnitztal“ nicht zu halten sind. Natürlich wollen wir alles behalten wie es ist, dass alle in der Fläche Zugang zu kirchlichen Institutionen haben und vielen Menschen der einfache Zugang zur Liebe Gottes ermöglicht wird. Deshalb steht derzeit die Bildung der Region im Vordergrund. Damit ist eine Zusammenarbeit gemeint, mit der wir uns gegenseitig die Arbeit erleichtern und mit weniger Aufwand auch in Zukunft das ermöglichen, was wir an gemeindlichem Leben haben. Mit dieser Blickrichtung setzen wir um, was uns an Pfingsten mitgegeben wurde: den Heiligen Geist bitten, unsere Prozesse zu begleiten, mit Mut und Hoffnung anpacken.

Albrecht Kessel, Pfarrer

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